Der Mangelbegriff im Baurecht

Die Abweichung von der sogenannten Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit (des Werks) führt im Baurecht regelmäßig dazu, dass von einem Mangel auszugehen ist.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat nunmehr mit Urteil vom 03.07.2012, Aktenzeichen:
21 U 150/09, ausgeführt, dass – entgegen der ständigen Rechtsprechung des BGH – ein Mangel dann nicht vorliegt, wenn zwar eine Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit vorliegt, der Auftraggeber jedoch keinen Nachteil erleidet.

In dem entschiedenen Fall ging es darum, dass der Auftraggeber eine sogenannte „weiße Wanne“ bestellt hat und ein spezielles Abdichtungssystem in der Ausschreibung vorgesehen war.

Der Unternehmer ist eigenmächtig von diesem Abdichtungssystem abgewichen, dies führte jedoch nicht dazu, dass die „weiße Wanne“ undicht geworden wäre, vielmehr ist auch durch das gewählte Abdichtungssystem sichergestellt, dass keine Feuchtigkeit in das Bauwerk eindringen kann und es sind hierdurch weder optische noch bautechnische Aufwirkungen für den Auftraggeber zu befürchten.

Der Sachverständige hat im Rahmen seines Gutachtens festgestellt, dass die gewählte Ausführungsart sogar hochwertiger ist.

Mit dieser Entscheidung wird wieder einmal deutlich, dass die Spruchpraxis des Entscheidungskörpers bei Gericht doch häufig recht überraschend ist, steht dieses Urteil doch klar im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, so unter anderem auch in der Entscheidung vom 07.03.2002, in dessen Rahmen der BGH klargestellt hat, dass es für die Mangelhaftigkeit des Werks unerheblich ist, dass die eigenmächtig vom Auftragnehmer geänderte Bauausführung möglicherweise wirtschaftlich und technisch besser ist, als wie vereinbart.

Nach Ansicht des BGH zählt einzig und allein die vereinbarte und damit die geschuldete Werkleistung zur Beurteilung der Frage, ob ein Mangel vorliegt oder nicht.

Weitere Hinweise erteilt Raphael-S. Tyroller,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.