Kein Ersatz der Kosten bei Selbstvornahme von Teil-Leistungen ohne Kündigung des Werkvertrages

Das Oberlandesgericht Schleswig hat mit Urteil vom 29.06.2010 – 3 U 92/09 – entschieden, dass der Auftraggeber, soweit sich der Auftragnehmer in Verzug befindet, entweder bei Aufrechterhaltung des Vertrages Schadenersatz nach § 6 Nr. 6 VOB/B verlangen oder die Kündigung des Vertrages betreiben kann.

Ein Anspruch auf Ersatz von Selbstvornahmekosten kommt dabei nur bei einer Kündigung in Betracht, § 6 Abs. 6 VOB/B ist als Anspruchsgrundlage hierfür nicht geeignet.

Ist der Auftragnehmer mit der Leistung in Verzug und führt der Auftraggeber die Leistungen selbst aus, dann steht dem Auftraggeber kein Schadenersatzanspruch gegen den Auftragnehmer hinsichtlich der Selbstvornahmekosten zu. Dabei kommt es überhaupt nicht darauf an, ob der Auftragnehmer seine Leistungen zu Recht oder zu Unrecht eingestellt hat. Stellt ein Auftragnehmer seine Arbeiten unberechtigt ein, so stehen dem Auftraggeber nur die im Bauvertrag deswegen vorgesehenen Rechte zu: § 5 Abs. 6 VOB/B sieht bei einem Verzug des Auftragnehmers vor, dass der Auftraggeber entweder bei Aufrechterhaltung des Vertrages Schadenersatz nach § 6 Abs. 6 VOB/B verlangen oder dass er ihm eine angemessene Frist zur Vertragserfüllung setzen und erklären kann, dass er ihm nach fruchtlosem Fristablauf den Auftrag entzieht.

Kündigt der Auftraggeber den Vertrag nicht, kann der Auftraggeber die Selbstvornahmekosten nicht als Schadenersatz nach § 6 Abs. 6 VOB/B geltend machen, da die Vorschrift lediglich Kosten, wie etwa Aufwendungen für eine länger in Anspruch genommene Mietwohnung etc., gewährt.

Dem Auftraggeber ist daher, vor Durchführung der Arbeiten in Eigenregie oder durch einen Drittunternehmer, dringlichst anzuraten, zuerst den Auftrag (nachweisbar) zu kündigen.

Weitere Hinweise erteilt Raphael – Sebastian Tyroller
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.