Vollständigkeits- und Abwehrklauseln in Bauverträgen

Häufig versuchen Auftraggeber im Rahmen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen [AGB] Nachtragsforderungen des Bauunternehmers insoweit einzuschränken, dass Ansprüche aus Nachträgen nur geltend gemacht werden können, wenn weitere Voraussetzungen vorliegen.
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 27.11.2003 (Az.: VII ZR 53/03) entschieden, dass eine vom Auftraggeber gestellte Klausel in einem Bauvertrag, „dass jegliche Nachforderungen ausgeschlossen sind, wenn sie nicht auf schriftlichen Zusatz- und Nachtragsaufträgen des Auftraggebers beruhen,“ unwirksam ist.

Insoweit hat der BGH ausgeführt, dass schon eine Regelung in einem Bauvertrag den Auftragnehmer unangemessen benachteiligt, wonach die gesetzlichen Ansprüche für notwendige Leistungen ausgeschlossen sind, wenn diese nicht unverzüglich angezeigt wurden. Das Interesse des Auftraggebers an einer frühzeitigen Information rechtfertige zwar die Anzeige nicht jedoch den Ausschluss der Ansprüche.

Erst recht liegt eine unangemessene Benachteiligung vor, wenn die gesetzlichen Ansprüche für alle zusätzlichen und geänderten Leistungen insgesamt ausgeschlossen werden. Die gesetzlichen Ansprüche stellen einen regelmäßig angemessen Interessenausgleich für den Fall dar, dass vertragliche Ansprüche nicht gegeben sind. Ihre uneingeschränkte Abbedingung ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren, die gesetzlichen Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherung kommen vor allem dann zur Geltung, wenn der Auftragnehmer für das Bauvorhaben notwendige oder vom Auftraggeber gewollte und später genutzte Leistungen erbracht hat, ohne dass sie wirksam beauftragt worden sind. Eine Klausel, die dem Aufragnehmer gesetzliche Ansprüche wegnimmt, kann nicht in seinem Interesse sein und insoweit liegt daher auch keine angemessene Berücksichtigung seiner Interessen vor.

Mit Urteil vom 14.10.2004, Az.: VII ZR 190/03 hat der BGH weiter entschieden:

Die Klausel in AGB des Auftraggebers in einem Einheitspreisvertrag „auch bei einem Einheitspreisvertrag ist die Auftragssumme limitiert“ ist überraschend und wird daher nicht Vertragsbestandteil.

Gleiches gilt für die Klausel: „Zusätzliche Leistungen werden nur nach schriftlich erteiltem Auftrag bezahlt“

Zu berücksichtigten ist jedoch, dass vorstehende Klauseln beim Individualvertrag wohl zulässig sein dürfen, im Zweifel wird man davon ausgehen müssen, dass die entsprechenden Klausel unwirksam sind.

Weitere Hinweise erteilt Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Tyroller.