Gutachten im selbständigen Beweisverfahren – weiteres Gutachten

Der BGH hat mit Beschluss vom 09.02.2010, Az.: VI ZB 59/09, entschieden, dass gegen die Ablehnung der Einholung eines weiteren Gutachtens gem. § 412 ZPO im selbständigen Beweisverfahren kein Rechtsmittel gegeben ist.

Nach § 412 I ZPO kann das Gericht eine neue Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen, wenn es das Gutachten für ungenügend erachtet.

Eine Pflicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht im Hauptsacheverfahren nur bei besonders schwierigen Fragen, bei groben Mängeln im vorhandenen Gutachten oder dann, wenn der Gutachter über überlegende Forschungsmittel verfügt. Hinsichtlich der Frage, ob die Einholung eines weiteren Gutachtens geboten ist, ist dem Tatrichter ein Ermessensspielraum eröffnet, bei dessen Ausübung die Grundsätze der freien Beweiswürdigung zu beachten sind. Für das Hauptsacheverfahren gilt, dass die Ablehnung der Einholung eines neuen Gutachtens nicht der Beschwerde zugänglich ist, die Ablehnung kann nur – indirekt – dadurch angegriffen werden, dass gegen das Urteil, das sich auf das fehlerhafte Gutachten stützt, das Rechtsmittel der Berufung eingelegt wird.

Der BGH hat nunmehr klargestellt, dass es auch im selbständigen Beweisverfahren keine Beschwerdemöglichkeit gibt (anders als OLG Frankfurt, Beschluss vom 07.12.2007, Az.: 4 W 64/07), da dies dem Beschleunigungsgrundsatz des selbständigen Beweisverfahren zuwiderlaufen würde und darüber hinaus dem Antragsteller im selbständigen Beweisverfahren nicht mehr Rechte an die Hand gegeben werden dürfen / sollen, wie er sie im streitigen Verfahren hätte.

Der BGH eröffnet für den Fall der Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren die Möglichkeit, in den engen Grenzen des § 412 ZPO ein erneutes Gutachten im Hauptsacheverfahren einzuholen, vgl. hierzu Beschluss hierzu vom 13.09.2005, Az.: VI ZB 84/04.

Den Parteien des selbständigen Beweisverfahrens bleibt damit die Möglichkeit, durch das Betreiben des Hauptsacheverfahrens, das Beweisergebnis einer Würdigung des Tatrichters im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens zu unterziehen. Hält der Tatrichter die Voraussetzungen des § 412 ZPO für nicht gegeben, kann dies – vergleichbar einer Entscheidung ohne vorausgegangenes selbständiges Beweisverfahrens – nur durch Anfechtung (Berufung) der hierauf gestützte Entscheidung in der Hauptsache angegangen werden.

Weitere Hinweise erteilt Raphael – Sebastian Tyroller
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.