Gewährleistung und “ohne-Rechnung-Abrede“

Die Rechtssprechung hat sich wiederholt mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Bauherr, der Werkleistungen „schwarz“ ausführen lässt, also auf Grund einer „ohne-Rechnung-Abrede“ den Auftrag erteilt, später Mangelgewährleistungsansprüche geltend machen kann.

Mit Urteil vom 24.04.2008, Az.: VII ZR 42/07 hat der Bundesgerichtshof nunmehr hinsichtlich der Mängelansprüche des Bauherrn bei einem derartigen „Vertrag“ entschieden wie folgt:

Hat der Unternehmer seine Bauleistungen mangelhaft erbracht, so handelt er regelmäßig treuwidrig, wenn er sich zur Abwehr von Mängelansprüchen des Bestellers darauf beruft, die Gesetzwidrigkeit der ohne-Rechnung-Abrede führe zur Gesamtnichtigkeit des Bauvertrages.

Der Bundesgerichtshof hat im Rahmen dieses Urteils ausgeführt, dass zwar die ohne-Rechnung-Abrede nichtig sei, weil diese Abrede sittenwidrig ist und gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Ob damit jedoch der gesamte Vertrag nichtig ist, beurteile sich nach den Umständen des Einzelfalles. Ist anzunehmen, dass der Vertrag zu den gleichen Konditionen geschlossen worden wäre, wie er mit der ohne-Rechnung-Abrede geschlossen wurde, bleibt der Vertrag insgesamt aufrecht erhalten.

Selbst dann, wenn der Vertrag zu anderen Bedingungen geschlossen worden wäre (also eine höhere Vergütung geschuldet gewesen wäre), kann sich der Werkunternehmer nicht auf die Gesamtnichtigkeit des Vertrages berufen, denn der das gesamte Rechtsleben beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben gilt auch im Rahmen nichtiger Rechtsgeschäfte. Deshalb kann die Berufung auf die Nichtigkeit eines Vertrages in besonders gelagerten Ausnahmefällen eine unzulässige Rechtsausübung darstellen.

Aus der typischen Interessenlage beim Bauvertrag ergibt sich, dass der Bauunternehmer die von ihm geschuldete Bauleistung regelmäßig an dem Grundstück des Bestellers erbringt. Eine Rückabwicklung des Vertrages durch Rückgabe der Leistung ist – wenn überhaupt – gewöhnlich nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich. Durch sie würden wirtschaftliche Werte gefährdet, der Unternehmer müsste bei einer solchen Rückabwicklung in fremdes Eigentum eingreifen.

Ist die erbrachte Bauleistung mangelhaft, ist daher das Eigentum des Bestellers mit den hieraus folgenden Nachteilen nachhaltig belastet, die durch schlichte Rückabwicklung des Bauvertrages regelmäßig nicht wirtschaftlich sinnvoll zu beseitigen sind; der Besteller wird daher das mangelhafte Werk typischerweise behalten; diese Belastungssituation führt dann zu einem besonderen Interesse des Bestellers an vertraglichen, auf die Beseitigung des Mangels gerichteten Gewährleistungsrechten, die bei einer Nichtigkeit des gesamten Bauvertrages entfallen würden.

Hat der Werkunternehmer die Bauleistung mangelhaft erbracht, so verhält er sich treuwidrig, wenn er sich gegenüber dem in der dargestellten Weise belasteten Besteller auf eine Gesamtnichtigkeit des Bauvertrages beruft, die allein aus der Gesetzeswidrigkeit der ohne-Rechnung-Abrede folgen kann; denn der Unternehmer hat in Kenntnis dieser Abrede und der dargestellten Interessenlage den Vertrag durchgeführt, sozusagen „ins Werk gesetzt“ und seine Bauleistung erbracht. Er setzt sich in dieser von ihm maßgeblich mit verursachten Situation unter Verstoß gegen Treu und Glauben in Widerspruch zu seinem bisher auf Erfüllung des Vertrages gerichteten Verhaltens, wenn er nunmehr unter Missachtung der besonderen Interessen seines Vertragspartners die ohne-Rechnung-Abrede, die regelmäßig auch seinem eigenen gesetzeswidrigen Vorteil dienen sollte, zum Anlass nimmt, für die Mangelhaftigkeit seiner Leistung nicht einstehen zu wollen.

Weitere Hinweise erteilt Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Tyroller.