Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigung beim Bauwerksvertrag

Stellt sich heraus, dass ein Bauwerk mangelhaft ist, so hat der Besteller grundsätzlich Anspruch darauf, dass der Mangel beseitigt wird und der Unternehmer, dass er zur Mangelbeseitigung berechtigt ist.
Nach §§ 635 Abs. 3, 275 Abs. 2 BGB aber auch nach § 13 Abs. 6 VOB/B kann der Unternehmer die Mangelbeseitigung verweigern, wenn die Mangelbeseitigung in einem unverhältnismäßig hohen Aufwand steht oder die Mangelbeseitigung dem Auftraggeber unzumutbar ist, für letzteren Fall hat der Auftraggeber dann einen Anspruch auf Minderung.

Ein unverhältnismäßig hoher Aufwand ist mit der Beseitigung des Mangels oder der Vertragswidrigkeit verbunden, wenn der durch die Nachbesserung erzielbare Mangelbeseitigungserfolg bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Aufwandes steht.

Unverhältnismäßigkeit ist danach die Ausnahme, sie ist nur dann anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer völlig ordnungsgemäßen vertraglichen Leistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht; das Interesse des Auftraggebers an der vertragsgemäßen Leistung ist dabei nicht bereits deshalb als gering zu bewerten, weil die Regeln der Technik eingehalten sind. An die Unverhältnismäßigkeit sind erhebliche Anforderungen zu stellen, so hat der BGH mit Beschluss vom 16.04.2009, Az. VII ZR 177/07, seine Rechtsprechung insoweit präzisiert.

Danach verhält es sich so, dass [entgegen einzelner Entscheidungen von Oberlandesgerichten] der Umstand eines eventuellen Verschuldens des Auftragnehmers bei der Entstehung von Mängeln in die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigungsmaßnahme miteinzustellen ist. Dieser Umstand stellt jedoch lediglich einen von vielen maßgeblichen Erwägungsaspekten dar. Der BGH führt aus, dass allein die Tatsache eines eventuellen Verschuldens des Auftragnehmers bei der Mangelentstehung nicht geeignet ist, die Berufung auf den Einwand der Unverhältnismäßigkeit zu verweigern.

Der von Auftraggeberseite häufig geäußerte Einwand, dass derjenige, der vorsätzlich einen Mangel herbeiführt, diesen unter allen Umständen zu beseitigen hat, ist ein Druckschluss. Der BGH hält ausdrücklich daran fest, dass es insoweit zwar hierauf mit ankommt, um die Unverhältnismäßigkeit zu begründen, dies allein begründet jedoch die Unverhältnismäßigkeit nicht.

Unverhältnismäßigkeit ist erst dann anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Auftraggebers an einer völlig ordnungsgemäßen Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb unangemessener Aufwand gegenübersteht. Ist die Funktionsfähigkeit des Werks spürbar beeinträchtigt, so kann die Nachbesserung regelmäßig nicht wegen hoher Kosten verweigert werden, so auch BGH in NJW 1996, 3269.

Praktische Auswirkungen erlangt das Recht, die Mängel zu beseitigen, damit nur bei sogenannten optischen Mängeln.


Weitere Hinweise erteilt Raphael – Sebastian Tyroller
Rechtsanwalt | Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht.