Selbständiges Beweisverfahren und Präklusionsrecht

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 11.06.2010, Az. V ZR 85/09, entschieden, dass die Partei, die im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens ihre Einwendungen nicht rechtzeitig gegen ein Gutachten vorbringt, im anschließenden Hauptsacheprozess mit diesen Einwendungen nicht mehr gehört werden kann, sofern das Gericht, an dem das selbständige Beweisverfahren anhängig war, eine Ausschlussfrist gesetzt hat.

Insoweit führt der BGH aus:

Dass das selbständige Beweisverfahren, in dem die Beklagte gegen die Prozessförderungspflicht verstoßen hat, bereits abgeschlossen ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn nach § 493 Abs. 1 ZPO steht die Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich. Dass diese Gleichstellung auch für präklusionsrelevantes Verhalten gilt, wird durch § 492 Abs. 1 ZPO bestätigt.

Die Norm verweist auf die für die Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht geltenden Normen und damit auf die Regelungen der §§ 296 Abs. 1, 4, 411 Abs. 4 ZPO.

Das bedeutet, dass im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens peinlich genau darauf zu achten ist, dass alles, was gegen das bereits eingeholte und den Parteien zugestellte Gutachten spricht, schon im Rahmen dieses Verfahrens verfahrensgegenständlich gemacht werden muss, widrigenfalls kann es mit Erfolg nicht mehr im Hauptsacheprozess verwertet werden.

Anderer Ansicht mögen hier zwar einzelne Oberlandesgerichte sein, da der BGH jedoch nunmehr mit erfrischender Klarheit dies manifestiert hat, kann diese Rechtsprechung nicht unbeachtet bleiben.


Weitere Hinweise erteilt Raphael-S. Tyroller,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht,
Straße des Friedens 23, 99094 Erfurt