Anwaltszwang im Selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht

Bekanntlich ist es so, dass sich die Parteien in einem Zivilrechtsstreit vor dem Landgericht durch Anwälte vertreten lassen müssen.

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 12.07.2012, Aktenzeichen 7 ZB 9/12, veröffentlicht in NJW 2012, 2810 nunmehr entschieden, dass die Beitrittserklärung eines Nebenintervenienten in einen beim Landgericht anhängigen selbstständigen Beweisverfahren nicht dem Anwaltszwang unterliegt.

Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass der Anwaltszwang für diese Fallkonstellation nicht gegeben ist, weil der Nebenintervenient durch den Beitritt nicht formell zur Partei eines Rechtsstreits wird. Er sei, so der BGH, gegenüber den Parteien untergeordneter Beteiligter, er kann Prozesshandlungen nur wirksam vornehmen, soweit diese nicht mit den Erklärungen der unterstützten Hauptpartei im Widerspruch stehen.

Daraus folgt, dass sich bei Unterbleiben eines Widerspruchs die Befugnisse des Nebenintervenienten mit denjenigen der unterstützten Partei derart überschneiden, dass es nach Sinn und Zweck des § 78 Abs. 1 ZPO, der sowohl einer geordneten Rechtspflege als auch den Interessen der Parteien dient, nicht gerechtfertigt wäre, den Nebenintervenienten in Bezug auf die formale Anforderungen an die Vornahme von solchen Prozesshandlungen, die denjenigen der Parteien entsprechen, anders zu behandeln als die Parteien selbst.

Daher unterfallen diejenigen Verfahrens- oder Prozesshandlungen, die der Nebenintervenient für die jeweilige Partei, der er beigetreten ist, vornimmt oder vorzunehmen beabsichtigt, grundsätzlich dem Anwaltszwang gemäß § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO. Stellt er daher Anträge, ist der Nebenintervenient einer Partei im Sinne des § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO gleichzustellen, dies trifft jedoch für die Beitrittserklärung nicht zu, da die Beitrittserklärung keine Verfahrenshandlung darstellt, die der Nebenintervenient für die unterstützte Partei vornimmt oder vorzunehmen beabsichtigt. Die Beitrittserklärung kann nur von ihm vorgenommen werden und es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, warum im selbstständigen Beweisverfahren bereits diese Erklärung dem Anwaltszwang unterfallen sollte.

 

Weitere Hinweise erteilt Raphael-S. Tyroller,
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht,
Straße des Friedens 23, 99094 Erfurt